Mittwoch, 5. Dezember 2007

Genesungswuensche, Silvesterplaene und Sentimentalitaeten

Mittwoch, 05.12.2007, 9:23 pm

Vielen vielen Dank fuer all eure Genesungswuensche, ich bin ganz ueberrascht von so viel Mitgefuehl. Wie Julia schon geschrieben hat (siehe Gaestebuch) fuehlt man sich in der Situation wirklich wie ein kleines Kind und will nur noch nach Hause. Auf meinem linken Ohr hoere ich nun schon seit ueber einer Woche nichts mehr. Am Montag war ich nochmal beim Doktor, diesmal aber im Krankenhaus, denn der Doktore vom Freitag war mir nicht so geheuer. Und siehe da, mein Gefuehl hat mich nicht getaeuscht, der Dok von Freitag hat wohl noch nicht mal Medizin studiert, was man schon am Zustand der Praxis erahnen konnte.

Aber Dr. Cruz im Krankenhaus konnte mir auch nicht wirklich weiterhelfen, ausser Medikamente verschreiben hat auch dieser Arztbesuch nicht viel gebracht. Fuer 7 Tabeltten Antibiatika und ein Nasenspray hab ich knapp 30 Euro bezahlt, Medikamente sind hier so abartig teuer. Ich hoffe das ich das alles von meiner Versicherung ersetzt bekomme. Auch fuer jeden Arztbesuch muss man hier blechen.

Ansonsten hatte ich die letzten zwei Tage kein Fieber mehr, ich ess ganz ganz viele Mangos und ich glaub so langsam geht es wieder ein wenig bergauf. Bis naechsten Montag warte ich noch, (Dr. Cruz meinte zwei Wochen, ha ha, dann lauf isch schon drei Wochen mit nicht hoerendem Ohr rum das kanns ja wohl nicht sein) dann geh ich nochmal hin und lass es mir aufstechen. Das hab ich in Deutschland schon mal ueber mich ergehen lassen, da wird das Tromelfell mit einer recht grossen Nadel durchstochen. Unbandige Schmerzen aber wenns hilft. Aber wenn ich dann wiederum an die nicht vorhandenen hygienischen Zustaende hier denke... Ach keine Ahnung was da richtig ist.



Mit Hanna plane ich gerade Silvester, evt. wollen wir nach Vietnam, Hong Kong ect. fliegen, kommt ganz drauf an welcher Flug am billigsten ist. Ich hoffe das das alles so hinhaut wie wir uns das vorstellen. Allerdings bin ich auch sehr hin und hergesrissen, denn Libeth faehrt ueber Silvester nach Mindanao, da wuerde ich sehr gerne mit. Diejenigen die sich von euch ein wenig mit Terrosristen auskennen wissen wohl, dass im suedlichen Teil von Mindanao die Abu-Sayyaf-Terroristen regieren, die fuer einen freien und unabhaengigen moslemischen Staat kaempfen. Hier wurde auch im Jahr 2000 die deutsche Familie entfuehrt. Natuerlich ist es keine Garantie dass ein/e Europaer/in nicht entfuehrt wird, nur weil sie mit einem Filipino unterwegs ist.

Aber die Filipinos kennen die Regionen in denen es nicht gefaehrlich ist. D. h. nutze ich nicht die Chance mit Libeth nach Mindanao zu reisen werde ich dort auch niemals hinkommen, denn ohne philippinische Begleitung ist eine Reise dorthin nicht empfehlenswert. Aber die Insel soll unglaublich schoen sein und ich wuerde sie mir schon gerne anschauen... Naja, noch sind es ein paar Tage bis Silvester...



Das mit Philipp muss ich hier auch noch klarstellen, das hab ich bisher ja nur per Rundmail getan. Philipp hatte kein Malaria sondern Dengue Fieber. Was aber nicht viel Unterschied macht, denn auch Dengue Fieber ist nicht behanelbar. Er hat sich selber nach neun Tagen aus dem Kh entlassen, was auch vernuenftiger war, denn von den Inketionsnadeln hat er eine ziemlich starke Infektion bekommen, da diese wohl nicht steril waren. Aber er ist noch nicht uebr den Berg, das ist er erst, wenn sich seine Blutwerte normalisiert haben. Ausserdem fliegt er am 31.12. heim :(



In drei Wochen ist schon Weihnachten... Ich weiss noch wie ich in den ersten Tagen nach meiner Ankunft dachte, bis Weihnachten steh ich das nie und nimmer durch. Aber die Zeit vergeht wirklich viel zu schnell. Dennoch wird es mir immer in Erinnerung bleiben, wie schlecht es mir die ersten zwei Wochen hier ging. Ich war psychisch noch nie so am Boden wie in den ersten Tagen hier. Aber das hat sich alles normalisiert, auch mit der Armut komm ich viel besser klar, es hoert sich vielleicht boese an, aber es ist alltaeglich geworden und es geht mir nur noch nahe wenn ich ganz besonders schlimme Faelle sehe und erlebe.

Aber wenn man die Armut tag taeglich vor Augen hat, kranke Kinder und Menschen die sich keinen Arzt leisten koenne, die auf der Strasse leben, halb verhungert einen anbetteln... Man gewoehnt sich daran und man nimmt es sich nicht mehr so zu Herzen wie in der Anfanszeit. Das geht auch gar nicht, das ist Selbstschutz, sonst wuerde ich hier kein ganzes Jahr durchstehen.

All diese Eindruecke verarbeite ich nach wie vor Nachts in meinen Traeumen. Auch in meinem Reisetagebuch halte ich alles fest, jeden Moment der mir nahe geht schreibe ich detaliert auf. Obwohl ich das Gefuehl habe, dass ich das gar nicht muss, denn das Meiste speichert sich tief im Hirn ab. Aber die Erinnerung verblasst irgendwann...

Dennoch muss ich sagen, dass es die beste Entscheidung meines Lebens war ein Jahr im Ausland zu leben. Jetzt weiss dich die kleinen Dinge des deutschen Alltages viel besser zu schaetzen. Und auch wenn unsere Behoerden oft stur sind, es ist gut das es Aemter gibt an die man sich wenden kann, in Deutschland muss keiner verhungern, die Babies sterben nicht kurz nach der Geburt, weil die hygienischen Zustaende katastrophal sind.
Und es gibt Waschmaschinen und Wasser mit Kohlensaeure und Plaetzchen und Punsch und Brot mit Koerner, frische Wurst und Kaese, Milchprodukte und eine Krankenversicherung.
Also all ihr Deutschen, seid mit dem gluecklich und zufrieden was ihr in Deutschland habt, denn das ist so viel mehr als irgendwo anders auf der Welt.

Dafuer sind die Filipinos im Herzen viel reicher als die Deutschen. Trotz ihrer meist sehr sehr aermlichen Lage haben sie immer ein Laecheln auf den Lippen, sie sind torotz allem freundlich, hilfsbereit und -vor allem Weissen gegenueber- so neugierig. Sie sind die Optimisten schlecht hin.


By the way, ich habe ein kleines Maedchen in der Playgroup, in der ich Dinstag, Donnerstag und Freitag arbeite, gerade vier Jahre alt. Die meinte neulich: "Wenn ich mal eine richtige Frau bin muss ich einen Weissen heiraten, das hat meine Mama gesagt." Schon den Kleinsten wird eingetrichtert, dass die weissen Menschen sehr reich sind, dass einem als Frau nichts besseres passieren kann als einen Weissen zu heiraten. Und da kann ich tausen Mal erklaeren, dass es auch schlechte weisse Maenner gibt, das wollen sie gar nicht hoeren. Alle Weissen sind nun mal reich, zumindest erscheint es den Filipinos so, denn die Preise hier sind gigantisch niedrig und somit koennen wir natuerlich leicht unser Geld hier ausgeben.

Und ich kann das sehr gut nachvollziehen, was wuerde unser eins alles machen, wenn wir von der Hand im Mund leben muessten, um unserer Familie ein besseres Leben bieten zu koennen??? Somitt laesst sich auch die hohe Zahl der Prostituierten erklaeren, denn es gibt schaetzungsweise mehr Prostituierte als Fabrikarbeiterinnen auf den Philippinen.

Aber nun genug fuer heute, wenn ich einmal anfange zu schreiben faellt es mir immer so schwer aufzuhoeren, weil es so unendlich viele Dinge zu berichten gibt.

Ich moechte mich ganz herzlich bei all den fleissigen Schreibern bedanken, ihr koennt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich immer uebr Post freue. Natuerlich freue ich mich auch ueber all eure Mails. Uebrigens ist bisher noch kein Tag vergangen an dem ich keine Email bekommen habe. Und ich bin ueber die Anteilnahme wirklich sehr geruehrt. Aber -ohne jemandem zu Nahe treten zu wollen- wirklich verstehen und nachvollziehen kann man diese Gefuehle nur, wenn man das selber erlebt und gesehen hat.

Es gruesst euch herzlichst eure Lydi